Sie sind klein, arbeiten integiert und haben an mindestens zwei Tagen in der Woche ein verpflichtendes Nachmittagsangebot: In Hannover geht im Sommer eine neue Schulform an den Start, die integrierte Stadtteilschule in der Rechtsform Oberschule.

Die integierte Stadtteilschule geht an den Start (v.l.): Schulamtsleiterin Petra Martinsen, die Schulleiter Karin Haller, Rainer Lubert und Angelika Wittwer sowie Bildungsdezernentin Rita Maria Rzyski.


Quelle: Frank Wilde

Hannover. Drei “Pionierschulen”, wie sie Bildungsdezernentin Rita Maria Rzyski am Mittwoch nannte, werden im August mit voraussichtlich jeweils zwei 5. Klassen beginnen: die Peter-Ustinov-Schule in Oberricklingen und die Pestalozzischule in Anderten, bisher Hauptschulen, und die Heisterbergschule in Ahlem, bisher eine Haupt- und Realschule. “Die Schulen sind klein, überschaubar und arbeiten integriert, eine innere und äußere Differenzierung ist möglich”, sagte Rzyski. So sei es möglich, auf die einzelnen Kinder sehr individuell einzugehen.

Unterrichtet werden sollen die Schüler solange wie möglich zusammen im Klassenverband, ab Klasse 6 gibt es in Mathematik und Englisch und ein Jahr später auch in Deutsch Kurse auf grundlegendem und höheren Niveau. Am Ende der 10. Klasse sind alle Abschlüsse möglich, der Abschluss der Förderschule Lernen genauso wie der Hauptschul- und der Realschulabschluss sowie der Erweiterte Sekundarabschluss I, der zum Besuch der Oberstufe berechtigt.

Am 30. und 31. Mai sind die Anmeldungen für die weiterführenden Schulen. Die neue Schulform, die laut Rzyski bewusst vermutlich keinen Gymnasialzweig anbieten wird, richtet sich konkret an Kinder, die sich in kleineren Systemen wohlfühlen und auf großen Integrierten Gesamtschulen mit 1000 oder mehr Schülern überfordert wären. “Immer wieder bekommen wir Schüler zu uns, die von Gymnasien oder Gesamtschulen abgeschult werden”, sagte Rainer Lubert, Leiter der Pestalozzischule, “bei uns muss niemand die Schule verlassen, wenn in einem Fach mal absackt.”So könnten frustierende Erlebnisse vermieden werden. Durchlässigkeit in alle Richtungen sei gegeben. Die Schulen haben oft nicht mehr als 300 Schüler. “Ich kenne jedes Kind persönlich”, sagt Rainer Lubert von der Pestalozzischule.

Während die Integrierten Gesamtschulen oft mehr Bewerber als Plätze haben, bestehen an den neuen Oberschulen gute Aufnahmechancen. Sie sind fest im Stadtteil verankert. “Die meisten meiner Schüler kommen aus dem Viertel, aus Badenstedt, Davenstadt oder Ahlem”, betonte etwa Angelika Wittwer von der Heisterbergschule. Auch zu Firmen im Bezirk bestehen enge Kontakte, man arbeite bei der Berufsorientierung und bei der Vergabe von Praktikumsplätzen zusammen, hieß es. Mit der Berufsorientierung beginnen die Schulen in Klasse 7 oder 8.

Alle Oberschulen haben auch Sprachlernklassen. Flüchtlinge fit zu machen für die Schule, manchmal auch für das Alphabet überhaupt, wird nach Ansicht von Karin Haller, Leiterin der Peter-Ustinov-Schule eine der großen Aufgaben für die Zukunft sein. Um Eltern zu entlasten, wollen die Oberschulen an mindestens zwei Tagen in der Woche verpflichtende Ganztagsangebote machen, ein weiterer Tag ist freiwillig. Die Jugendlichen sollen lernen, dass man nachmittags mehr machen kann als zu chillen oder Computerspiele zu spielen.

Die Peter-Ustinov-Schule bietet am Donnerstag, 26. Mai, ab 16 Uhr einen Informationsnachmittag an, die Pestalozzischule und die Heisterbergschule stehen für Nachfragen und individuellen Schnupperunterricht zur Verfügung. Bildungsdezernentin Rzyski ist sich sicher, dass auch andere Schulen sich bald zur integrierten Stadtteilschule umwandeln werden. “Diese Schulform hat im vielfältigen Portfolio Hannovers noch gefehlt.”

aus: Hannoversche Allgemeine Zeitung, 18.05.2016